A Walk in the Dark
Digitale Fußspuren von Wut- und Reichsbürgern
Außerdem im Blitzlicht:
Musks Twitter und der Hass im Netz
Die Gesellschaft des digitalen Spektakels
Bange sahen im September viele dem Winter entgegen. Vor aufkommenden Massenprotesten, gar vor Volksaufständen wurde gewarnt. Insbesondere demokratiefeindliche Akteure sahen in der drohenden Energieknappheit eine Mobilisierungschance. Der »heiße Herbst«, der das Spektakel einleiten sollte, entpuppte sich jedoch als heiße Luft. Wie in diesem Trendreport anhand von Telegram-Daten beleuchtet wird, hat das Thema der Energiekrise nie wirklich gezündet. Dass uns nach diesem müden Auftakt ein »Wutwinter« ins Haus steht, darf bezweifelt werden.
Ruhig war es im demokratiefeindlichen Lager dennoch nicht.
Dass es unter der Oberfläche brodelt und viel im Verdeckten passiert, zeigen die Razzien gegen die Reichsbürger: ein Anlass, sich dieser Szene im Speziellen zu widmen. Der Radar geht daher auch der Frage nach, wie sie in die demokratiefeindliche Online-Sphäre eingebettet ist. Dieser Exkurs macht deutlich, dass das Monitoring der BAG flexibel auf aktuelle Ereignisse eingehen und wertvolle Hintergrundinformationen dazu liefern kann.
Durchaus waren demokratiefeindliche Kräfte aber auf der Straße präsent. Besonders aktiv sind hier immer noch jene Gruppen, die während der Corona-Pandemie entstanden sind. Ihre Demonstrationen werden nun nicht mehr so sehr als medienwirksame Ereignisse in den Großstädten abgehalten, sondern durchdringen als »Spaziergänge« die letzten Winkel der Republik. Der Fokus in dieser Ausgabe widmet sich der Rolle von Telegram-Gruppen bei diesen Mobilisierungen. Hilfe bekam die Redaktion dabei vom Kommunikationswissenschaftler Pablo Jost.
Viel diskutiert wurde in den letzten Monaten auch die Übernahme Twitters durch den gigantomanischen Milliardär Elon Musk. Die Rubrik Blitzlicht, die in der Pilotausgabe des Trendreports noch fehlte, bietet einen Überblick zu diesem tatsächlich stattfindenden Spektakel: von der chaotischen Übernahme und deren Folgen bis zur Möglichkeit eines kollektiven Exodus. Zu Wort kommt dabei auch der Kulturwissenschaftler Michael Seemann, der hilft, die Geschehnisse einzuordnen und die Zukunft der Plattform abzuschätzen.
Schließlich gibt der Methodenteil erneut einen Einblick in den Maschinenraum der Forschungsstelle. Er zeigt, wie sie Unmengen an Daten aufbereitet und analysiert: ein aufwändiges Verfahren. Doch lohnend ist es allemal, wenn uns die Erkenntnisse aus den sozialen Medien helfen können, Hass im Netz gut informiert zu begegnen.
Sophia Hunger, Beraterin vom Dienst für diese Ausgabe.
Dr. Sophia Hunger ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Zivilgesellschaftsforschung des WZB. In ihrer quantitativ ausgerichteten Forschung beschäftigt sie sich u.a. mit Protestbewegungen in Europa. Sie studierte Politikwissenschaft in München und Kopenhagen und promovierte am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz.