Unjust Kidding
Die Klaviatur diskriminierender Memes
Außerdem im Radar:
Der Nahostkonflikt bei Rechtsextremismus & Co.
Ein Meme sagt mehr als tausend Worte
Im vergangenen Jahr hat sich der Begriff der »multiplen Krisen« oder gar der »Polykrise« etabliert, um zu beschreiben, dass wir in einer Ära leben, die von raschen Entwicklungen und globalen Konflikten geprägt ist. Dies zeigt sich auch in der Bildsprache auf sozialen Medien. Telegram dient beispielsweise nicht nur als Ort des Austauschs, sondern auch als Schauplatz für visuelle Inhalte, die verschiedene gesellschaftliche Spaltungen widerspiegeln. Dieser Trendreport widmet sich schwerpunktmäßig dieser bildbasierten Kommunikation – in Form von Memes auf Telegram.
Die Analyse im Fokus, in der mehr als 2.000 Memes ausgewertet wurden, offenbart prävalente Muster der gruppenbezogenen Abwertung, die sich von Stereotypisierung über Diskriminierung bis zu offenem Hass erstrecken. Diese Memes dienen nicht nur der Unterhaltung, sondern auch der Verbreitung von Ideologien und der Formierung von Identitäten innerhalb der Online-Gemeinschaften. Telegram, obwohl oft für extremistisches Material kritisiert, präsentiert sich hier eher als Ort chauvinistischen Humors. Gleichwohl sollten solche Darstellungen, die an einprägsame Narrative anschließen, nicht verharmlost werden. Denn durch scheinbar »ganz normale Memes« wird sehr wohl verhandelt, welche Art der Herabwürdigung – oft getarnt durch Humor – akzeptiert wird.
Über das Thema Memes hinaus geht es im aktuellen Trendreport auch um demokratiefeindliche Debatten über internationale Konflikte, insbesondere den Ukraine-Krieg und seit Herbst 2023 auch den Nahostkonflikt. Mit Blick auf die relevanten Akteure berichtet der Radar, dass die Cluster im Weiterleitungsnetzwerk der Kanäle mittlerweile stärker deren Ideologie widerspiegeln. Besonders deutlich wird dies bei QAnon- und Esoterik-Kanälen. Sie teilen sich meist selbst. Verschwörungsideologische Akteure hingegen bleiben relativ zentral und verknüpfen die Szene.
Die Rundschau dieser Ausgabe (nun in neuem Gewand) blickt auf die Ereignisse des Herbsts 2023 zurück. Neben den großen globalen Konflikten finden sich auch Nachrichten rund um die Durchsetzung des Digital Services Act (DSA). So wird einerseits berichtet, dass mehrere Pornowebseiten nun zu den sehr großen Online-Plattformen gezählt werden. Auch wenn diese Information – passend zum Schwerpunkt der Ausgabe – die Relevanz visueller Inhalte verdeutlicht, scheint die tatsächliche Umsetzung der Forderungen im DSA noch nicht zu funktionieren. Einige Plattformen scheinen sich dieser Pflicht auch aktiv zu entziehen.
Auf die Rubrik Blitzlicht wurde in dieser Ausgabe verzichtet. Dafür lohnt ein Blick in den methodischen Annex, um den Aufwand für die Erstellung eines solchen Reports der interdisziplinär arbeitenden Forschungsstelle zu verstehen.
Diana Rieger, Beraterin vom Dienst für diese Ausgabe
Prof. Dr. Diana Rieger ist Professorin am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich mit den Merkmalen und der Auswirkung von Hassrede, extremistischer Online-Kommunikation und den Möglichkeiten der Gegenrede. Sie untersucht die Rezeption von unterhaltsamen Medieninhalten (wie z.B. Filme oder Online-Inhalte wie Memes).